Die Bauwirtschaft ist eine der ressourcen- und energieintensivsten
Wirtschaftssektoren. 50 % des Ressourcenverbrauchs und 40 % des
Energiebedarfs werden in der Europäischen Union durch den Bausektor
verursacht. In weiterer Folge verdeutlicht die Umsetzung der
Energiewende sowie die Decarbonisierung das Potenzial
lebenszyklusorientierten Bauens. Zahlreiche Aktivitäten auf nationaler
und internationaler Ebene widmen sich den Auswirkungen der zunehmenden
Urbanisierung und den Begleiterscheinungen des Klimawandels auf die
Bauwirtschaft (vgl. RL 2010/31/EU bzw. RL 2012/27/EU mit den
2020-Zielen).
Wesentlichen Einfluss auf diese Entwicklungen hat
die öffentliche Beschaffung. Auf europäischer Ebene existieren schon
seit einiger Zeit verstärkt Bestrebungen zur Forcierung der
umweltfreundlichen Beschaffung (Green Public Procurement,GPP). Damit in
Verbindung stehen die Regelwerke zur Bewertung der Nachhaltigkeit im
Bauwesen (CEN/TC 350, ÖNORM EN 15804 etc.). Die seitens der EU
geforderte Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten im Bauwesen stellt auch
Anforderungen an die Integration in die Planungspraxis (z.B. RL
2014/24/EU).
Die derzeitige Optimierung von Bauwerken erfolgt
meist unter besonderer Betrachtung von einzelnen Aspekten, wie
beispielsweise ökologischer oder ökonomischer Kriterien. Die Arbeit
verfolgt primär das Ziel die gegenwärtige Situation der Planung,
Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen kritisch auf ihre
Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten zu analysieren, sowie
Schnittstellen und Wechselwirkungen zwischen Planung, Ausschreibung und
Vergabe von Bauleistungen zu betrachten.
Einen wesentlichen
Beitrag dazu leistet die im Zuge der Arbeit durchgeführte empirische
Primärdatenerhebung. Mit Hilfe eines standardisierten
Online-Fragebogens, bestehend aus qualitativen und quantitativen Fragen
(gruppiert in fünf Bereiche: Allgemeines, Begrifflichkeiten, Planungs-,
Ausschreibungs- und Vergabeprozesse sowie Operationalisierung) wurde der
derzeitige Stand der baupraktischen Umsetzung lebenszyklusorientierten
Planens, Ausschreibens und Bauens durch Experten aus dem Bereich des
öffentlichen Hochbaus erhoben. Diese Daten und Informationen bilden die
Grundlage der lebenszyklusorientierten Modellierung von Planungs-,
Ausschreibungs- und Vergabeprozessen.
Als Ergebnis werden
Empfehlungen und differenzierte Modellvariationen (Referenzprozesse) für
die institutionelle Ausgestaltung von Systemen und Verfahren zur
Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten für die Planungs- und
Ausschreibungsprozesse mit Fokus auf den Lebenszyklus abgeleitet. Der
zunehmenden Digitalisierung im Bauwesen folgend, wird ebenso die
BIM-Fähigkeit der erarbeiteten Ansätze vorgestellt.