Als Ausgangspunkt der Dissertation wird der Status Quo zum aktuellen Konfliktpotenzial in der Bauwirtschaft empirisch untersucht. Häufige Konfliktursachen und Streitgegenstände werden dabei mit der Wahrnehmung von Projektrisiken abgeglichen, um daraus Hauptproblemfelder zu entwickeln, welche die Entscheidungsfindung und Handlung von bauwirtschaftlichen Akteuren – vornehmlich Auftraggeber und Auftragnehmer – charakterisieren.
Die Ergebnisse bilden die Grundlage für eine analytische Betrachtung, welche die erarbeiteten Problemfelder in die Theoriewelt der Neuen Institutionenökonomik einordnet, einem wirtschaftswissenschaftlichen Ansatz, der seit den 1970er-Jahren zunehmend an Bedeutung innerhalb der Wirtschaftstheorie gewonnen hat. Die neoinstitutionelle Analyse der bauwirtschaftlichen Problemfelder ordnet die Charakteristika der vertraglichen Beziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer einem Agency-Problem zu. Im Rahmen der PrincipalAgent-Theory wird in der Arbeit versucht, dem Zielkonflikt zwischen Principal (Auftraggeber) und Agent (Auftragnehmer) sowie der herrschenden Informationsasymmetrie durch Anreizmechanismen im bauvertraglichen Vergütungsmechanismus zu begegnen, welche die Risikoeinstellung der Vertragspartner berück sichtigen.
Die dafür notwendige Aufarbeitung des Risikobegriffes und der Entscheidungsfindung unter Unsicherheit erfolgt unter Verwendung des aus der normativen Entscheidungstheorie stammenden Bernoulli-Prinzips, welches mit rationalem Handeln in Risikosituationen gleichgesetzt werden kann. Dazu wird das Risikoverhalten von bauwirtschaftlichen Akteuren empirisch erarbeitet, die Intensität der Risikoaversion berechnet und die kennzeichnenden Risikonutzenfunktionen präsentiert. Diese Funktionen, welche die Risikonutzenerwartung von Wirtschaftsakteuren widerspiegeln, werden im Rahmen der Principal-Agent Beziehung verwendet, um Vergütungsmechanismen in Form von leistungsbasierten Anreizen (performance based incentives) zu erarbeiten. Deren Anwendung wird anhand von Beispielen gezeigt. Unsichere Einflüsse können dabei durch die quantifizierte Risikoeinstellung der Vertragspartner im Rahmen der Vergütungsregelung berücksichtigt werden (Risk-Incentive Trade-Off, LEN-Modell).
Den Abschluss der Arbeit bilden die Zusammenführung der Ergebnisse und methodische Überlegungen zu den erarbeiteten Problemfeldern, insbesondere zur Vertragsgestaltung. Im Zentrum stehen dabei die Berücksichtigung der Risikonutzenerwartung der bauwirtschaftlichen Akteure angesichts unsicherer Umwelteinflüsse. Ziel ist es, damit das Konfliktpotenzial des bauvertraglichen Arrangements zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zu reduzieren.