Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit der numerischen Simulation der Ausscheidungskinetik von Nitriden und Karbiden während der isothermen Wärmebehandlung von mikrolegiertem Stahl. Die thermodynamischen Daten aller relevanten Phasen wurden genauestens untersucht und in der thermodynamischen Datenbank ‘mc steel’ implementiert. Für die Computersimulation der Ausscheidungskinetik der Nitride und Karbide wurde die Thermokinetik Software MatCalc herangezogen. Dabei wurde ein neu entwickeltes Modell verwendet, welches die bevorzugte Ausscheidung von diesen Mikrolegierungsphasen an Korngrenzen beschreibt. Gleichzeitig wird die Ausscheidung von zufällig verteilten Teilchen an Versetzungen im Korninneren simuliert. Es wird gezeigt, dass unter Berücksichtigung beider Mechanismen diese Ausscheidungsreaktionen konsistent modelliert werden können, in Abhängigkeit der chemischen Zusammensetzung, der Korngröße und der Glühtemperatur. Zusätzlich wird gezeigt, dass für eine konsistente Beschreibung dieser Reaktionen die Berücksichtigung verschiedenster physikalischer Mechanismen unumgänglich ist. Dabei wird vor allem auf die Berücksichtigung der volumetrischen Fehlpassung (Misfit) zwischen Ausscheidung und Matrix, des temperaturabhängigen E-Moduls, der Abhängigkeit der Grenzflächenenergie von chemischer Zusammensetzung, Temperatur und Größe der Ausscheidung, sowie das Verhältnis der Diffusion der einzelnen Atome an der Korngrenze zum Korninneren aufmerksam gemacht. Zum Abschluss wird eine neue Simulationsmethode vorgestellt, welche die Berechnung der Ausscheidungskinetik von Mikrolegierungsphasen während des Stranggießens ermöglicht. Es wird gezeigt, dass Mikroseigerungen, wie sie während der Erstarrung von Stahl entstehen, eine wichtige Rolle bei der Beschreibung der Ausscheidungskinetik spielen. Alle vorgestellten Ausscheidungssimulationen sind mit experimentellen Daten aus der Literatur verglichen.